Jutta Speidel macht sich Gedanken über ein sicheres Zuhause
Jeden Monat schreiben Projektträger zu einem bestimmten Stichwort. Im Dezember macht sich Jutta Speidel von HORIZONT e.V. Gedanken über ein sicheres Zuhause.
Fast unmittelbar steht uns endlich bevor, worauf sich manche von uns das ganze Jahr über freuen: Die Zeit des Zusammenkommens, des Feierns im Kreise der Familie oder mit den engsten Freundinnen und Freunden – Weihnachten naht! Es ist eines der Feste, zu denen viele Menschen zu den Eltern „nach Hause“ fahren oder ihre Liebsten zu sich einladen. Zuhause wird zusammen gegessen, gelacht oder vielleicht auch mal gestritten – Weihnachten ist in jedem Fall eine besondere Zeit. Und doch gerät während dieser späten Dezembertage oft eine Sache zur Selbstverständlichkeit, die wir vielleicht gar nicht ausreichend zu schätzen wissen: Das Privileg, überhaupt ein sicheres, warmes und festes Zuhause zu haben.
Dieses Glück nämlich teilen nicht alle Mitglieder unserer Gesellschaft. Nur zu gut kennen stattdessen viel zu viele Menschen die andere Seite: Keinen Ort der Geborgenheit zu haben, in den man sich jederzeit zurückziehen kann, keine schützenden vier Wände um sich zu wissen, die einen selbst und die Familie in Sicherheit wiegen. Sondern wohnungslos zu sein – durch die unterschiedlichsten Schicksale und Tragödien.
Allein in München, eigentlich einer der größten und wohlhabendsten Städte Deutschlands, sind mehr als 9.000 Menschen wohnungslos gemeldet. Sie benötigen dabei ganz unterschiedliche Hilfsangebote – zu divers sind ihre Hintergründe und Bedarfe, um alle Betroffenen in gleicher Weise aufzufangen. So gibt es in der bayerischen Landeshauptstadt mehrere Organisationen, die sich für unterschiedliche Teilgruppen wohnungsloser Menschen engagieren. Bei HORIZONT findet eine besonders vulnerable und schutzbedürftige Zielgruppe ein sicheres und geborgenes Zuhause: wohnungslose Kinder und ihre Mütter.
Für Kinder, die früher einmal ohne eigenes Zuhause leben mussten, bedeuten Sicherheit und Geborgenheit nicht nur, wieder ein Dach über dem Kopf zu haben. Viel mehr ist dringend notwendig: Sie brauchen Zeit, Aufmerksamkeit und Fürsorge durch ihre Mütter, darüber hinaus ein gutes Verhältnis zu Erzieherinnen und Erzieher, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Betreuerinnen und Betreuer. Die Kinder benötigen ein sicheres, aber lebendiges Umfeld mit Gleichaltrigen und erwachsenen Vorbildern sowie Raum und Anregungen, um sich kreativ und persönlich zu entfalten. Zudem müssen viele von ihnen mit Traumata umgehen und brauchen dafür die richtige Unterstützung.
In den HORIZONT-Häusern erhalten Kinder und ihre Mütter daher nicht nur eine eigene Wohnung, sondern dazu ein buntes Angebot an vielschichtigen Aktivitäten, Bildungsprogrammen und pädagogischer Betreuung. Auch das Miteinander funktioniert: Die Kinder knüpfen Freundschaften innerhalb und außerhalb der Häuser, erfahren Unterstützung bei ihren Schulaufgaben, wissen sich bei Bedarf an erwachsene Ansprechpersonen zu wenden und bekommen oft auch von ihren Müttern wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Denn die Mütter werden ebenfalls engmaschig durch HORIZONT betreut, entlastet und gleichzeitig in ihrer Erziehungskompetenz unterstützt. Auch das ist ein elementarer Bestandteil der Hilfsarbeit, um betroffenen Familien zu neuer Stabilität und Eigenständigkeit zu verhelfen.
Sind die nötigen Bedingungen vorhanden, so können sich auch ehemals wohnungslose Kinder wieder auf sich und ihre Familie, auf ein verlässliches Umfeld, auf einen Rückzugsort und damit – zusammengefasst – auf ein sicheres Zuhause stützen. Selbstverständlich ist nichts davon. Möglich ist es jedoch allemal, wenn wir als Gesellschaft zusammenhalten, um wirklich allen von uns diese Sicherheit und Geborgenheit in irgendeiner Form zu ermöglichen.
So können wir auch zu Festen wie Weihnachten in strahlenden Kinderaugen erkennen, dass sie etwas so Elementares wiedergefunden haben, was ihnen einst verloren gegangen war. Ist es nicht das, worauf es ankommt?
Meldung erstellt am: 11. Dezember 2023